Wie können Lehrende und Lernende geeignete offene Webtools auswählen?

In den ersten beiden Lerneinheiten haben wir sowohl technische als auch didaktische Kennzeichen offener Webtools kennengelernt, die bei der Auswahlentscheidung herangezogen werden können. Doch während die technischen Kennzeichen offensichtlich sind (Kann ich das Tool ohne Installation direkt im Browser nutzen und müssen sich mindestens Lernende nicht zur Nutzung registrieren?), gilt das für die didaktischen Kennzeichen deutlich weniger. Erfahrungsgemäß hilft hier ein Check nach drei Kriterien: Souveränität über die Inhalte, einfaches Teilen und die Möglichkeit zu Remix.

Der positive Nebeneffekt bei der Auswahl eines offenen Web-Tools nach den Kriterien Souveränität, Teilen und Remix ist, dass datenschutzrechtlich bedenkliche Tools dabei meist aussortiert werden. Denn umfassende Rechte-Abtretungen gehen oft mit Weitergabe der Inhalte an Dritte Hand in Hand. Tracking setzt voraus, dass die erstellten Inhalte im Rahmen des jeweiligen Tools weiter verwendet werden, weshalb in diesem Fall häufig keine oder nur eine eingeschränkte Exportmöglichkeit angeboten wird. Und insbesondere eine Weiterbearbeitung in einer anderen Benutzeroberfläche wird in diesen Fällen nicht ermöglicht. Um wirklich sicher zu gehen, wird man um das Lesen der jeweiligen Datenschutzbestimmungen nicht herumkommen. Das ist mühsam und langwierig, aber man gewinnt relativ schnell Routine darin. Für einen schnellen Überblick zum Tracking einer Website kann auch das Online-Angebot trackertracker.io genutzt werden.

✨ Exkurs: Gebührenfrei, aber nicht kostenlos!

Zur Offenheit von offenen Webtools gehört meist, dass sie gebührenfrei angeboten werden. Anders würde sich eine individuell offene Nutzung ohne Registrierung gar nicht realisieren lassen. Wenn sie sich aber zugleich auch nicht über Rechte-Abtretungen und Tracking finanzieren, stellt sich die Frage: Wie sind diese Tools dann finanziert? Hier gibt es zahlreiche unterschiedliche Ansätze: Sehr viele Tools sind beispielsweise solidarische Angebote von Einzelpersonen oder gemeinnützigen Organisationen. Andere sind kleinere Nebenprojekte und zum Testen einer bestimmten Technik gedacht. Ich selbst biete einzelne Tools im Rahmen eines ‘Geschäftsmodell des Teilens’ an. Das bedeutet: Menschen werden auch deshalb auf meine Angebote im eBildungslabor aufmerksam, weil sie die von mir bereitgestellten offenen Webtools nutzen.

Für offene Webtools gilt vor diesem Hintergrund, dass sie häufig mit sehr viel Idealismus und Engagement zur Verfügung gestellt werden. Das gemeinsame Ziel ist es, eine gelebte Praxis des Teilens zu etablieren und das offene Netz im Interesse von uns allen auszubauen. Wenn Du offene Webtools nutzt, solltest Du Dir deshalb immer auch überlegen, wie Du etwas zurückgeben kannst: Das kann z.B. durch Spenden sein, durch das Melden von Fehlern, durch Unterstützung bei Übersetzungen oder indem Du Deine Wertschätzung dadurch zum Ausdruck bringst, dass Du anderen das Tool erklärst und mit dem Tool gute Bildung für alle voranbringst.

💡 Erkunden: Ist … ein offenes Webtool?

Sicherlich sind Dir beim Lehren und Lernen schon Online-Tools begegnet. Mit der folgenden Checkliste kannst Du überprüfen bzw. reflektieren, ob es sich dabei um offene Webtools handelt. (Wenn Du keine eigenen Beispiele kennst, kannst Du für den Check nochmals das bereits in den vorherigen Lerneinheiten verwendete Beispiel des Etherpads auf yopad.eu nutzen).

💬 Austausch: Was hast Du zu offenen Webtools gelernt?

Teile in den Kommentaren, was Du erkundet und gelernt hast.

  • Welche Tools hast Du Dir angesehen?
  • Würdest Du sie nach Nutzung der Checkliste als offene Webtools einordnen?
  • Warum bzw. warum nicht?

Beispiel: Das Etherpad auf Yopad.eu lässt sich klar als offenes Webtool einordnen. Es ist im Browser kostenfrei nutzbar und es ist keine Registrierung nötig. Auch didaktische Kriterien sind gegeben: Was ich erstellt habe, ist mein Inhalt. Es ist z.B. unproblematisch möglich, für Inhalte meines Etherpads eine offene Lizenz selbst festzulegen (= Souveränität). Teilen kann ich die Inhalte sowohl als Export in unterschiedliche Formate als auch über den Link. Wer die Inhalte remixen will, kann entweder direkt daran weiterarbeiten – oder auch alles kopieren und dann ein neues Etherpad zur Weiterbearbeitung anlegen.

 

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12 Comments
  1. Ich habe bereits zuvor Versuche mit Padlet gemacht. Das Toll begeistert mich. Für eine Technik-Klasse 9-Gruppe habe ich als “Überblick” genutzt. Ich konnte es sowohl mit Schülern als auch Kollegen teilen – aber bisher wollte ich den Schülern keine Schreibrechte zuteilen. Folglich erfülle ich mit meiner Einsatzweise weder die 4 Ks noch das Kriterium Remix und kann meinen Einsatz nicht als Arbeit mit offenem Webtool einordnen.

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  2. Ich habe ein etherpad genutzt, damit alle gemeinsam an einem Märchen schreiben konnten. es war kostenloas, kein Anmelden nötig, direkt im Browser, andere konnten etwas ändern … ja, es war ein offenes webtool.

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    • Absolut. Und wahrscheinlich eines der vielfältigsten. Ich finde Etherpads großartig!

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  3. Etherpad war bekannt, aber bisher habe ich noch keinen sinnvollen Einsatz an meiner Schule dafür sehen könenn – wenn es gut läuft, dann haben 80% der Schüler einen Internetzugang. Was mache ich mit den anderen 20%? Bekommen diese eine eigene Aufgabe? Exportiere ich das Pad, drucke es aus, und lasse sie klassisch handschriftlich ihre Gedanken dazu notieren? Präsentieren diese die Ergebnisse im Unterricht, obwohl sie nicht am Schreibprozess beteiligt waren? Weitere Ideen?

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    • Hallo, ich habe Eterpad Lite bisher in Echtzeit wie eine Art “unsortierten” Tafelanschrieb genutzt, bei dem zunächst einmal ungefiltert alle möglichen Zugriffe auf ein Thema parallel angeschrieben wurden. Dieser Schritt war zeitlich begrenzt; danach habe ich einzelne Anschriebe kommentiert, andere neu gruppiert und gemeinsam mit der Lerngruppe ein Ergebnisprotokoll der dort verhandelten Themen erstellt. Dieses habe ich in eine Word-Datei kopiert, eventuell um weitere Anmerkungen, Lernhinweise, Links, Grafiken etcetera ergänzt, als PDF gespeichert und im Moodle-Kurs allen als digitale Datei zum Download zur Verfügung gestellt.
      Da ich festgestellt habe, dass die Namen der Teilnehmenden sich manchmal spontan geändert haben, ohne dass das den Betreffenden selbst bewusst war, weil die immer noch ihre Klarnamen angezeigt bekamen, habe ich die Klassen und Kurse nach Beendigung der Stunde nicht mehr selbstständig an dem Dokument weiterarbeiten lassen.

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  4. Ich habe mehrfach Socrative genutzt, um Vokabeln abzufragen. Allerdings musste ich mir dazu einen Account erstellen und ich bin mir auch gerade nicht sicher, ob die Inhalte, die ich auf der Seite erstellt habe, tatsächlich mir gehören… Allerdings war das Tool für alle Beteiligten kostenlos und meine Studierenden hatten Zugriff über einen Link, d.h. sie mussten sich nicht anmelden.

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  5. Ich habe neulich in einem Online-Workshop die Kartenfrage von oncoo.de genutzt und finde es ist ein tolles Tool zum Moderieren und Ideen sammeln. Es ist kostenfrei, niemand muss sich anmelden und die rechte an Ergebnissen müssen auch nicht abgetreten werden. Es kann also wohl als OER-Tool eingeordnet werden. denke ich 😉
    Note: Ebenfalls interessant ist das Tool für Online Remote Lehre, wenn man Think-Pair-Share Aufgaben stellen möchte (:

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    • Ja, Oncoo finde ich auch super. Und in der Tat ein sehr prototypisches offenes Webtool.

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  6. Mittlerweile nutze ich verschiedene offene Webtools, die du, Nele, vorgestellt hast. Das Format von yopad.eu wird demnächst an der Uni Marburg auf ilias ähnlich gestaltet, weil die Informatiker dort auch begeistert davon sind. Schon jetzt ist das ilias-etherpad deutlich besser nutzbar geworden! Zur Zeit nutze ich sehr gerne flinga, weil ich in einem Hörsaal mit Beamer, aber nicht mit Tafel arbeiten kann. Andere Kursleiter sind auch begeistert davon. bitte.feedback ist mir für ein asynchrones feedback lieber als oncoo, das besser im Unterrichtsgeschehen passt.
    (Nele: Kleiner Tippfehler oben im Text: Spuveränität statt “Souveränität” .)

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  7. Ich habe mir mit der Checkliste senfcall.de angesehen. Ich würde das Videokonferenztool als offenes Webtool bezeichnen, auch wenn ich nur den Chat und die Mitschrift exportieren/kopieren kann. Eine Aufzeichnung gibt es nicht.

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    • Das ist ein guter Punkt! Bei Videokonferenz-Tools passt das mit der Exportierbarkeit nicht so ganz als Kriterium. Ich würde Senfcall auch als offenes Webtool bezeichnen.

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  8. Ich habe mir “Learning Apps” mit der Checkliste verglichen.
    Ich nehme an, Learning Apps sind offene Webtools. Man kann mit einem Link od. QR Code Inhalte teilen. Man kann ein Konto erstellen aber es funktioniert auch ohne Anmeldung.

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